Er könnte tot sein, doch das Leben ist ihm zu schön. Mit Lapo Elkann haben die Italiener einen, der den Amis im Kennedy-Clan fehlt: Sex, Drugs, Lifestyle, dieser Fiat-Enkel ist alles, nur kein Vogel im Goldkäfig.
Zunächst hatte sich Fiat-Patriarch Gianni Agnelli posthum aufregen müssen, weil Silvio Berlusconi zu seinem Begräbnis in einem Audi vorgefahren kam – Januar 2003, Italien heult sich die Augen aus, sein „wahrer König“ ist gerade gestorben. Ein Jahr später dreht sich der Tote erneut im Sarg um. Ausgerechnet Lapo Elkann, sein Lieblingsenkel, bastelt als Marketing- und Brandmanager das Fiat-Logo um, powert die Marke mit Klamotten, Cafés und Zeug, das der „Avvocato“ nie abgenickt hätte. Es gibt aber auch Stimmen, die sagen, ohne Elkanns Riecher (die Cinquecento-Wiedergeburt geht auf sein Konto) wäre der Turiner Autokonzern zu sowas wie Saab verkommen, mindestens scheintot.
Sex und Drugs und Tradition
Dann der 11. Oktober 2005. Wie laut es in der Agnelli-Familiengruft knarrt, als Lapo mit einer Heroin-Koks-fast-Überdosis ins Koma abstürzt, man hat eine Ahnung. Lustig, der hübsche Fiat-„Kronprinz“ wird vor dem Abtransport in der Wohnung eines Transsexuellen gefunden. Drogen, nun, auch der Alte hatte so seine Erfahrungen – Agnellis Nasenknochen bestand fast nur noch aus Gold, Kokain frisst mehr als Geld. In den Armen eines Transsexuellen, Mensch Lapo, Italien! Nebenbei, ein Playboy-Image pflegt man anders. Dabei hatte der Rotschopf vor dem Gau einen Kickstart hingelegt: Als Sohn von Giannis Schwester Margherita und dem Publizisten Alain Elkann in Frankreich aufgewachsen, studierte er in London Internationale Beziehungen, assistierte danach gar Elder Statesman Henry Kissinger. Und mit seinem Einstand beim Autogiganten hatte der Beau grosse Hoffnungen geweckt. Eigentlich könnte Lapo Elkann heute Ferrari, Alfa, Fiat und Everybody’s Darling in einem sein, könnte.
Auf eigene Faust
Während seiner Reha in Arizona fing das Hirn wieder an zu denken, Ergebnis: Italia Independent. Seit 2006 präsentiert der Wahl-New Yorker exklusive Sonnenbrillen, ein bisschen Mode, schick und teuer. Einen Teil seiner Millionen steckt der 32-Jährige auch in den Volleyballclub Sparkling Milano, das ist nicht so sexy wie Grossvaters Juventus Turin-Hobby, sympathisch aber. Elkanns Aktivitäten signalisieren, der Mann lebt, wonach ihm ist. Der Freigeist ein Designer? Er trifft sich mit solchen, macht aus seinem Manhattan-Penthouse eine Neo-Warhol-Factory. „Ich mag den Austausch kreativer Energien. Ideen kommen durch Interaktion.“ – heisst: Das Designen überlässt er anderen. Ach, und Elkanns Reputation ist gar nicht wirklich hinüber. Vogue-Herrscherin Anna Wintour nennt ihn den „elegantesten Mann des Planeten“. Das kommt dem Titel „Lieblingsenkel“ wieder viel näher.
Sideline: Die Kennedys vom Stiefel
Ohne Giovanni Agnelli senior (1866-1945), Gründer der italienischen Autoindustrie, gäbe es Fiat nicht. Sein Enkel Gianni (1921-2003) übernahm, Papa Edoardo war im Flugzeug verunglückt, Frau Mama im Auto. Gianni Agnelli machte das Turiner Unternehmen zum wichtigsten Italiens. Jahrzehnte lang galt der Styler als heiss umrungener Playboy, Vogue-Fotografin Marella Caraccioli di Castagneto gab er das Ja. Aus dieser Liaison stammt Lapo Elkanns Mutter Margherita. Gianni Agnellis einziger Sohn stürzte sich von der Brücke, Neffe Giovanni Alberto erlag einem Krebsleiden. Des Patriarchen Bruder übernahm kurz, 2004 verstarb Umberto.
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