Nach der Mailänder Möbelmesse braucht man erst einmal ein paar Wochen Erholung, um all die Eindrücke zu verarbeiten – und an seiner Möbelwunschliste zu feilen. Wir haben unsere Gedanken mittlerweile sortiert und unsere Favoriten zusammengestellt.
Artist’s Version
Form & Farbe
Damit Wohnobjekte mehr als nur ihren Zweck erfüllen, muss man kreative Köpfe anstellen. Zum Beispiel den österreichischen Designer Arthur Arbesser. Dieser bringt seine farbenfrohen Designs normalerweise auf Kleidung, doch für einmal tobte er sich an einem Lampenschirm aus. Eine „schlichte Lampe mit ungekünsteltem Charme“ sollte es werden, sagt Arbesser. Und genau das erhellt nun die Räume. Wir brauchen zwar keine Rechtfertigung, um schöne Objekte zu sammeln, lieben es aber, wenn wir einen richtig guten Grund finden. Die hufförmige Lampe gibt uns einen solchen: Wenn man zwei aneinanderstellt, erhält man eine größere, neue Lampe. Wir brauchen also mindestens zwei. Oder sogar vier. Wären acht übertrieben?


New Products
Die Ballade von Jeff und Blume
Insidertipp gewünscht, wenn es darum geht, das perfekte neue Möbel zu finden? Mal auf die Namen achten. Dass sich DesignerInnen liebevoll einen Namen für ihre Kreationen ausdenken, ist schon einmal ein gutes Zeichen. Besser noch, wenn dieser Neugierde oder Verwirrung weckt. Okay, Wissenschaft steckt da keine dahinter, aber bei Design geht es ja auch um Gefühle. Bei Jeff denken wir ja eigentlich an einen geschniegelten Businesstypen – oder an Channing Tatum in „22 Jump Street“. Aber Jeff kann auch soft und rosa sein und unser Wohnzimmer in ein Pastellparadies verwandeln. Blume wiederum klingt sanft, ist aber ein kantiges Sideboard, das perfekt mit Jeff harmoniert. Haben wir jetzt etwa noch gelernt, Objekte nicht vorschnell zu beurteilen?

Birthday
Bar Hopping
Der legendäre Barhocker LEM von Lapalma wird 25. Er ist mittlerweile also etwa so alt wie die Menschen, die ihre Freitag- und Samstagabende am liebsten auf einem solchen Hocker verbringen. Wer den Look von Barstühlen liebt, aber zur Gattung Homebody gehört, hat bestimmt schon ein, zwei LEMs bei sich zuhause stehen. Zum 25. Geburtstag gibt’s den Stuhl in drei neuen Farben: Schwarz, Blau und Grün laden ein, die heimische Bar zu vergrößern.

We Love
Sonnenblick
Wenn sich der Alltag bei steigenden Temperaturen allmählich nach draußen verlagert, soll es dort ebenso gemütlich wie im Wohnzimmer sein. Dazu braucht es gar nicht zwingend eine Couch. Auch ein Liegebett eignet sich fürs Sonnenbaden, Lesestunden oder Powernaps. Calipso, designt von Antonio Citterio, fügt sich elegant in die Umgebung ein. Sollte die Liege doch einmal im Weg sein, lässt sie sich blitzschnell verräumen – dank Rädern, mit denen man sie über die Terrasse rollen kann.

Komfortzone
Weiche Landung
Ein Sofa muss in erster Linie so bequem sein, dass man mit der Schwerkraft kämpfen muss, um wieder aufzustehen. Dieses Prinzip hat MDF Italia verstanden, denn in das Sofa Goom floss einiges an Materialforschung, bei der das Ziel ultimative Weichheit die Prioritätenliste anführte. Das voluminöse Stück überzeugt aber auch mit dem Design. Und zu guter Letzt darf ein bisschen Individualismus nicht fehlen. Das Ganze ist ein modulares System, das aus einzelnen Elementen besteht: einer Chaiselongue, der man eine Armlehne hinzufügen kann, zwei Poufs und zwei Eckelementen. Wer es schafft, aus der watteweichen Landschaft aufzustehen, kann sie sich also nach Lust und Laune immer wieder neu konfigurieren.

Collaboration
Schema M
Mit einem simplen Zickzackmuster und kräftigen Farben definiert Missoni, was Wiedererkennungswert ist. Dass das Muster nicht auf Kleidung limitiert ist, beweist die Kollaboration des Modehauses mit Roda. Am Salone del Mobile stellten sie die zwei neusten Würfe ihrer gemeinsamen Designreise vor. Ob man sich auch auf die Stühle setzen darf, wenn man nicht in ein passendes Missonikleid gehüllt ist?

Anniversary
4 Generations Strong
1925 eröffneten die Brüder Giulio und Stefano Porro eine kleine Werkstatt, um die Mailänder Bourgeoisie mit maßgefertigten Möbelstücken zu versorgen. Ein Jahrhundert später ist Porro zu einem Unternehmen mit globalem Publikum gewachsen, das auf ein Netzwerk von ArchitektInnen, DesignerInnen und Fachleuten aus aller Welt zurückgreifen kann. Trotzdem ist alles noch immer in der Hand der Porro-Familie. Bereits nach dem Zweiten Weltkrieg stiegen die Porro-Cousins in den Betrieb ein und lenkten den Fokus auf die Produktion von Schlafzimmermöbeln. Die dritte Generation schlug sich mit der Digitalisierung rum und revolutionierte so Produktions- und Designprozesse. Jetzt, in der vierten Generation, steht nebst maßgefertigten Lösungen vor allem Nachhaltigkeit im Vordergrund. Was über die 100 Jahre geblieben ist? Die unverkennbare Porro-Ästhetik und die Liebe zum Holz als zeitloses und hochwertiges Material.




Ritual
Teezeremonie
Tee kann vieles: Beruhigen, heilen, wecken – dass man die Tasse nicht einfach runterstürzt, sondern komplexe Rituale rund um die Zubereitung schafft, macht Sinn. Ceccotti Collezioni geht noch einen Schritt weiter und widmet der Teezeremonie eine ganze Möbelreihe. Die magischen Kräuter haben nichts weniger verdient. Mit der Teahouse-Kollektion von Christophe Pillet könnte man seiner Kräutersammlung gar einen ganzen Raum schenken. Star der Show ist das Teahouse Cabinet, in dem sich nicht nur Tees aller Art, sondern auch Utensilien zur Zubereitung und Tassen lagern lassen. Zur Kollektion gehören auch Tisch und Stuhl, denn irgendwo muss man das Heißgetränk ja in Ruhe trinken.

Limited Edition
Butterfly Effect
Design darf verspielt sein – muss es vielleicht sogar, in Zeiten wie diesen. Das wissen auch Poltrona Frau und Fornasetti. Ihrer Kollaboration entspringen zwei Stücke: ein Sessel und eine Schrank-Bar. Mehr braucht es nicht für einen gemütlichen Abend. Der Sessel ist eine Re-Edition eines Stücks aus 1919 – wie man bequem sitzt, weiß man schon seit Jahrhunderten. Der Isidoro-Trunk, die sogenannte Schrank-Bar, wurde 2007 entworfen. Zwischen ihnen liegen zwar einige Jahrzehnte, doch sie könnten nicht besser zusammenpassen: Bequem im Sessel versinken, während nebenan eine auserlesene Getränkeauswahl wartet? Besser geht’s kaum. Perfekt wird das Duo dank dem „Ultime Notizie“-Print, einem ikonischen Muster aus dem Fornasetti-Archiv, das Piero Fornasetti 1950 designte.
poltronafrau.com, fornasetti.com


Re-Edition
Minimalist
Ist es kontrovers zu sagen, dass ein Großteil des Designs daraus besteht, Altes rauszukramen und für die Gegenwart fit zu machen? Man kann das Rad oder den Stuhl eben nicht immer neu erfinden. Und funktionieren tut die Rückkehr ins Archiv alleweil. Molteni bringt dieses Jahr den ikonischen Monk zurück, der 1973 herauskam – eine Sitzgelegenheit, die sich irgendwo zwischen normalem Stuhl und gemütlichem Sessel ansiedelt und vielleicht gerade darum so gut funktioniert. „Wiederholung kann gut und richtig sein, solange sie nicht die Vielfalt an Formen, Materialien und Farben einschränkt“, sagt Designer Tobia Scarpa. Das klappt bei Molteni, schließlich kann man die Ledersitzfläche in jeder erdenklichen Farbe haben.

Lichtquelle
Erleuchtung
Licht ins Dunkel zu bringen ist nicht die Hauptaufgabe einer Lampe. Klingt unlogisch? Eine Leuchte kann das gesamte Erscheinungsbild eines Raums verändern – im guten wie im schlechten Sinne. Wer mag zum Beispiel schon von grellem Deckenlicht bestrahlt werden? Das Schlüsselwort lautet Ambiente – das muss eine Lampe erzeugen können. Designerin Elisa Ossino kennt sich mit der Materie aus. Ihre Entwürfe sind kleine bis ziemlich große Kunstwerke, die warmes Licht und aufregende Formen bieten. Die Kreation Helium erinnert an übergroße Bienenwaben in Lampionform und ist der Hingucker eines jeden Wohnzimmers.


Exhibition
Verwoben
Weben ist altbacken, wenn nicht gar ausgestorben? Von wegen. Stoffe entstehen nach wie vor durch das Verweben von Fäden. Und dass dieses Handwerk durchaus Kunst sein kann, bewies Anni Albers bereits im letzten Jahrhundert. Sie war eine Pionierin des gewebten Stoffes und Vertreterin der Bauhaus-Bewegung. Textilunternehmen Dedar macht darum gemeinsame Sache mit der Josef & Anni Albers Stiftung und präsentierte an der Mailänder Möbelmesse „Weaving Anni Albers“. Diese Kollektion führt die Textilwerke der legendären Künstlerin in eine neue Ära und schafft dabei einen Ausgleich zwischen der ursprünglichen künstlerischen Vision und modernen Fertigungsinnovationen. Fünf ikonische Albers-Stoffe wurden sorgfältig reproduziert und mit zeitgenössischen Techniken neu interpretiert.


Sandzeit
Nature’s Curves
Die wenigsten von uns haben einen Garten, den man im Delirium mit einer Fata Morgana verwechseln könnte. Sand, Dünen, kristallklares Wasser – sowas findet man halt nicht gerade um die Ecke. Ein von Dünen inspiriertes Möbelset darf man sich aber auch auf die grüne Wiese stellen. Dunne von Gandia Blasco, entworfen von der japanischen Designerin Nao Tamura, sieht vor jedem Hintergrund elegant aus. Sofa, Loungestuhl und Tisch seien inspiriert von den „sanften Kurven der Dünen, den rhythmischen Mustern der Wellen und der sich ständig verändernden Grenze zwischen Meer und Küste“, sagt Tamura. Und weil Schönheit nicht alles ist, wurde auch bei der Materialauswahl genau überlegt: Die Serie besteht aus zu hundert Prozent rezyklierbarem Aluminium, die Sitzpolster und Rückenlehnen aus wasserabweisendem Polyurethan.

Holzwerk
Massiv
Bei Nikari steht Holz im Mittelpunkt. Und zwar präzise verarbeitetes Holz, für das einiges an handwerklicher Expertise erforderlich ist. Schließlich hat Gründer Kari Virtanen bereits mit 19 Jahren seine erste Werkstatt gegründet. Sein schlichter, massiver Holztisch Linea KVP11 ist seit den Neunzigerjahren eines der beliebtesten Sonderanfertigungsprodukte. Mit der Zeit sind wohl zu viele Anfragen reingeprasselt, denn nun wurde das Stück in die Nikari-Kollektion aufgenommen. Eine versteckte modulare Konstruktion erlaubt eine flexible Größenanpassung, sodass der Tisch in jeder Art von Wohnung Platz findet.


Kitchen Gadget
Zauberstäbchen
Eine Grundregel des Designs – die wir soeben aus dem Boden gestampft haben – ist, dass Verspieltheit immer gewinnt. Zwei Stäbchen erfüllen ihren Zweck, egal, wie sie aussehen. Doch wenn diese Stäbchen plötzlich Gesichter und Namen haben, macht das Sushiessen doppelt Spaß. Die Chopsticks mit Persönlichkeit heißen Anna und Alessandro. Die Idee dazu schlummerte in den Archiven, bis Designer Alessandro Mendini sie doch noch zum Leben erweckte. Die Stäbchen sind der Inbegriff dessen, was er mit Design erreichen will: Stücke erschaffen, die poetisch, raffiniert, aber auch einfach und nutzerfreundlich zugleich sind.

Auch abseits des Salone del Mobile gibt’s viel zu entdecken. Hier sind weitere Designfavoriten, die auf unserer Wunschliste stehen.